Silvia Söllner

Heilpraktikerin für Psychotherapie

Selbstfürsorge

Selbstfürsorge

 

Ein Beispiel für Selbstfürsorge: Du sitzt im Flugzeug, kurz vor dem Start. Die Stewardess beginnt mit dem Sicherheitscheck. Gegen Ende hält sie die Sauerstoffmaske hoch und sagt: ‚Wenn es zu einem Druckabfall in der Kabine kommt, wird eine Sauerstoffmaske aus dem Fach über Ihnen herunterfallen. Setzen Sie zuerst sich selbst die Maske auf und helfen Sie dann erst den anderen.‘ Genau dieses Verhalten sollten wir auch in unserem Alltag beherzigen: Zuerst schauen wir, dass es uns gut geht und dann können wir uns um die anderen kümmern. Dieser Satz alleine erklärt eigentlich schon den Begriff der ‚Selbstfürsorge‘.

Aber wo fängt Selbstfürsorge an und wo hört Egoismus auf? Bin ich ein Egoist, nur weil ich an mich denke? Sind die anderen Egoisten, weil sie sich um sich selbst kümmern?

Stell Dir vor, Du hast einen Wertetopf. Und immer wenn Du Dir etwas Gutes tust, füllt sich dieser Topf ein Stück weit. Und je mehr Du für Dich tust, umso schneller füllt er sich. Er kann nicht überlaufen. Aber er kann sich leeren. Mit jeder Aktivität, die Dich Kraft kostet, wird wieder ein bestimmter Anteil aus diesem Topf entfernt. ‚Balance‘ ist das Zauberwort. Wenn ich etwas rausnehme, muss ich auch wieder etwas auffüllen.

Du siehst, das Thema ist doch vielschichtiger.

Für die Selbstfürsorge sind verschiedene Faktoren von Bedeutung:

 

  1. Erlaubnis

Für eine funktionierende Selbstfürsorge ist die wichtigste Voraussetzung, dass Du dir selbst erlaubst, für dich zu sorgen. Klingt selbstverständlich? Ist es aber für viele Menschen nicht.

„Ich bin der wichtigste Mensch in meinem Leben. Meine Bedürfnisse sind wichtig. Ich  bin okay so wie ich bin. Alle Gefühle dürfen sein. Es ist schön, dass ich da bin.“

So oder so ähnlich klingt es, wenn du dir selbst die Erlaubnis gibst, gut für dich zu sorgen.

Wie ist das bei dir? Erlaubst du dir Selbstfürsorge?

  1. Dein Körper

Hast Du ausreichend Schlaf? Isst Du genug und vor allem regelmäßig? Isst Du auch die Nahrungsmittel, die für Dich wichtig sind? Schaust Du darauf, dass Du genügend trinkst?

Wenn du Dich müde, abgespannt und kraftlos fühlst, besteht die Möglichkeit, dass die Selbstfürsorge in diesem Bereich nicht ausreichend ist.

  1. ‚Abschalten‘

Wir führen ein Leben auf der Überholspur. Alles muss immer noch schneller, besser, höher, weiter sein. Hast Du noch genügend Zeit für Dich selbst? Einfach mal nichts tun, sich erholen, in die Sauna gehen, einen Mittagsschlaf halten, ein gutes Buch lesen oder sich einfach mal mit Freunden treffen mit Bier und viel Humor.

Das sind die Zeiten, in denen wir unseren Wertetopf auffüllen. Zeiten, in denen wir nicht funktionieren müssen.

  1. Druck von außen und von innen

Hast Du für Dich schon mal festgehalten, was Dich persönlich unter Druck setzt? Sind es vielleicht Dinge, die wir tun müssen aber nicht können? Dinge, die wir tun sollen, aber nicht möchten? Nebenkriegsschauplätze am Arbeitsplatz in Form von Mobbing, in der Ehe, in der Familie, im Freundeskreis? Diese Art von Druck ist für jeden von uns für eine gewisse Zeit verkraftbar. Aber wenn es zu lange dauert oder überhaupt kein Ende der belastenden Situation absehbar wird, dann kann uns Druck kaputt machen.

Achtsam sein bedeutet, den Druck und die Belastung zu minimieren.

  1. Abwechslung statt Langeweile

Ich hatte mal eine schwerkranke Klientin, die ich fragte, was sie denn noch für Pläne in ihrem Leben hätte. Wünsche, Träume, Visionen…. Da kam nichts. Wir klopften dann die Träume der Kleinen ab und siehe da: Als Mädchen hatte sie sehr viele Träume. Das Problem: Sie hatte sich alle Träume erfüllt. Und damit war sie am Ende ihrer Visionen. Welchen Grund gibt es dann noch zu leben, fragte ich sie?

Wenn in unserem Alltag die Lebensfreude fehlt, neue Impulse oder Abwechslung, treten wir auf der Stelle und verlieren unsere Lebendigkeit. Jede Art von Routine ist der Tod.

Ein Teil der Selbstfürsorge ist, für Abwechslung, Visionen , Träume, neue Impulse oder neue Lernfelder zu sorgen.

  1. Zugehörigkeit

Zugehörigkeit ist ein essentielles Grundbedürfnis aller Menschen. Dazu zählen Nähe, Gemeinsamkeit, Austausch und Miteinander. Nicht umsonst zählt die Einzelhaft in Gefangenschaft zur Folter.

Wie ist es in Deinem Leben? Ist Dein Miteinander ausgeglichen? Gibst Du nur oder bekommst Du auch etwas zurück? Oder bist Du jemand, der nur fordert?

Wichtig ist es hier, Freundschaften zu pflegen, unter Menschen zu gehen oder auch mal neue Menschen kennenzulernen. Gerade in Zeiten von Corona ist es uns bewusst geworden, was uns fehlt, wenn wir auf soziale Kontakte verzichten müssen.

  1. Selbstbestimmung statt Fremdbestimmung

Besonders kranke Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, die regelmäßig in die Klinik müssen, stellen schnell fest, dass sie fremdbestimmt sind. Andere Menschen entscheiden über ihr Leben. Auch mit kleinen Kindern wird man schnell fremdbestimmt, wobei der Kinderwunsch ja vielleicht schon wieder selbstbestimmt war. Fakt ist aber, dass man nicht mehr so agieren kann, wie man gerne möchte.

Erstes Ziel sollte sein, wieder in die Selbstbestimmung zu kommen. Ich sollte gewahr werden, was mit mir passiert. Wie kann ich wieder Dinge in mein Leben holen, die mir wichtig sind, die mir Freude machen? Also auch hier wieder die Frage: Wie kann ich meinen Wertetopf fühlen.

Ist Deine Selbstfürsorge in Balance?

Wenn Du mit Dir im Einklang bist und die Selbstfürsorge funktioniert, Dein Wertetopf also prall gefüllt ist, dann beobachte Dich einmal. Geh in die Metaebene und schau Dich von oben an: Dein Leben ist in perfekter Balance.

Und wenn Du noch irgendwo eine ‚Imbalance‘ findest, dann dreh an dieser Schraube, bis es passt. Du solltest es Dir wert sein, denn:

Du bist der wichtigste Mensch in Deinem Leben!

Hier habe ich 10 übungen für funktionierende Selbstfürsorge (nach Katharina Tempel):

1. Nimm deine Bedürfnisse wahr

Selbstfürsorge bedeutet liebevoll auf deine Bedürfnisse einzugehen. Dazu musst du sie zunächst wahrnehmen. Ein einfacher Trick ist der Folgende: Stell dir über den Tag verteilt zwei bis drei Alarme auf deinem Handy. Wenn sie losgehen, halte kurz inne und höre in dich hinein: Wie geht es mir? Was brauche ich gerade? Hab ich Hunger oder Durst? Ist mir kalt? Bin ich wütend oder unzufrieden? Welches Bedürfnis steht dahinter?
Wenn du herausgefunden hast, was du gerade brauchst, erfülle dir diese Bedürfnisse. Das bedeutet: Wenn dir kalt ist, zieh dir einen Pullover an. Wenn du gestresst bist, steh kurz auf, geh raus und atme tief durch.

2. Respektiere deine Grenzen

Selbstfürsorge bedeutet auch auf deine Grenzen zu achten. Was kannst du tun und was möchtest du tun? Ist es dir zu viel, am Wochenende beim Umzug zu helfen, dann äußere das. Möchtest du keine offene Beziehung führen, dann sage das.
Wenn es dir schwerfällt Nein zu sagen, geh folgendermaßen vor: Bevor du automatisch zusagst und dich hinterher darüber ärgerst, atme tief durch und sag: „Ich muss erst in meinen Kalender schauen“, „… mit meinem Partner sprechen“, „…. die Termine der Kids checken“ oder schlichtweg „… darüber nachdenken“. Das verschafft dir Zeit, um in Ruhe zu überlegen, wie du vorgehen willst. Wenn du der Anfrage nicht nachkommen willst, sag „Nein!“. Das kannst du dann sogar vorher noch üben.

3. Stoppe Selbstkritik.

Ein liebevoller Umgang mit dir selbst erfordert auch, dass du dich gedanklich nicht selbst zerfleischst. Wenn du dich dabei erwischst, stoppe dich sofort. Werde dir bewusst, was du gerade machst; nämlich dir selbst einzureden, dass du zu nichts taugst. Im Idealfall hinterfragst du deinen Gedanken und gelangst zu einer realistischeren Auffassung. (Eine Anleitung, um negative Glaubenssätze zu hinterfragen, findest du hier).
Aber selbst, wenn dir das nicht gelingt, weil dir ein wohlwollender Blick auf dich selbst noch schwerfällt, sag wenigstens: „Stopp! Ich rede mich gerade schlecht. Das möchte ich nicht mehr tun!“ Und lenke dich dann ab.

4. Bremse deine Antreiber

Wenn du den Menschen gehörst, die alles immer perfekt machen müssen, ständig versuchen, es allen recht zu machen oder glauben, sie müssten alles alleine schaffen, bremse dich! Sage dir: „Gut ist gut genug!“, „Der Kuchen muss kein Meisterwerk werden!“, „Es reicht, wenn ich den Bericht zweimal Korrektur lese!“, „Es ist okay, wenn ich mir Hilfe hole!“, „Ich kann es eh nicht allen recht machen. Darum konzentriere ich mich darauf, was ich will.“
Seine Ansprüche zu reduzieren ist ein längerer Lernprozess. Aber er beginnt damit, dir bewusst zu werden, wenn du in dieses Muster verfällst und dann stets offensiv dagegenzuhalten.

5. Tu etwas, das dir Freude bereitet

Fürsorglich mit dir umzugehen bedeutet auch, dafür zu sorgen, dass es oft genug etwas Schönes und Genussvolles zu erleben gibt. Und zwar nicht erst dann, wenn das Projekt zu Ende ist oder die Kinder das Haus verlassen haben. Sonst bleibt nicht nur die Lebensfreude schnell auf der Strecke. Es geht auch der Sinn verloren.
‚Warum mache ich das alles überhaupt? Was soll das alles hier?‘ sind Fragen, die schnell aufkommen, wenn man aufhört, das Leben zu genießen. Darum hol dir die Freude zurück in deinen Alltag. Dazu kann es schon reichen einem Hobby nachzugehen, jeden Abend auf den Balkon zu lesen, ein gutes Gespräch mit dem Partner zu führen, tanzen zu gehen oder ein Eis zu genießen.

6. Schreib Tagebuch

Tagebuch zu schreiben geht mit vielen Vorteilen einher und kann gleich verschiedene Selbstfürsorge-Zwecke erfüllen. Auf der einen Seite ist es eine wunderbare Möglichkeit, dich selbst besser kennenzulernen. Das Tagebuch hilft dir zum Beispiel zu reflektieren, was dir wichtig ist, wie du leben willst, was dir Freude bereitet und wo deine Stärken liegen. Je besser du dich kennenlernst, desto einfacher kannst du dir ein Leben erschaffen, das zu dir passt und dass dich erfüllt.
Tagebuch zu schreiben kann dir aber auch helfen, mehr über deine Gedanken und Gefühle zu erfahren. Was geht mir eigentlich den lieben langen Tag durch den Kopf? Was denke ich von mir? Was empfinde ich? Bin ich unzufrieden? Wenn ja, womit? Auch das ist eine gute Grundlage, um einen besseren Zugang zu dir selbst zu erhalten und dir bewusster zu werden, was dich beschäftigt und wie du dich siehst.

7. Mach Pausen

Und zwar viele! Genauso wenig wie das Wochenende ausreicht, um sich von einer ausbeuterischen Woche zu erholen, reicht eine Mittagspause, um sich von 8 Stunden anstrengender geistiger oder körperlicher Tätigkeit zu regenerieren. Achte daher darauf, über den Tag verteilt immer wieder aufzustehen, dich zu räkeln, ein frisches Getränk zu holen, ans Fenster zu gehen, eine Runde um den Block zu drehen oder ein kurzes Gespräch mit der Kollegin zu führen.
Wenn du den ganzen Tag sitzt, tut es gut, dich in der Pause zu bewegen (z.B. Aufstehen, Spazieren, Yoga etc.). Wenn du körperlich arbeitest, ist es wiederum förderlich, dich hinzusetzen, zur Ruhe zu kommen und etwas Gedankliches zu tun (z.B. Lesen, Kreuzworträtsel lösen, Meditieren etc.)

8. Führe positive Selbstgespräche

Wir alle führen Selbstgespräche. Wir sagen uns, was wir noch tun müssen oder kommentieren, was wir gerade machen. Genauso, wie du auf deine Gedanken achten und Selbstkritik stoppen solltest, achte auch darauf, wie du mit dir – laut oder leise – sprichst. Deine Selbstgespräche sollten mitfühlend, motivierend und positiv sind. Dazu musst du dir nichts einreden. Es bringt dir herzlich wenig, dir selbst zu sagen, dass du unbesiegbar bist. Gerade, wenn du ein negatives Bild von dir selbst hast, wirst du daran nicht glauben und in eine innere Abwehrhaltung verfallen.
Bleib daher ganz realistisch. Aber auch das geht positiv. Zum Beispiel so. Statt zu sagen: „Oh je, ich hab noch so viel zu tun, das schaffe ich doch nie!“, sage dir: „Okay, ich fang jetzt einfach an, mach eine Sache nach der anderen und dann wird das schon!“. Statt zu sagen: „Oh Mann, ich bin aber auch blöd. Jetzt hab ich den Abzweig verpasst!“, sage dir: „Oh, jetzt hab ich kurz nicht aufgepasst und prompt meinen Abzweig verpasst. Na gut, dreh ich eben um!“
Alles, was du dir sagst, kannst du auf eine mitfühlende, respektvolle und freundliche Art tun. Das ist der richtige Umgangston für dich!

9. Bleib dir selbst treu

Schließt du häufiger mal Kompromisse, die sich faul anfühlen, weil sie wichtige Werte von dir verletzen? Tust du oft Dinge, die dir zuwider sind, weil andere sie von dir verlangen?
Dir selbst treu zu bleiben bedeutet nicht immer, stur deinen Willen durchzusetzen oder ihn anderen aufzuzwingen. Es bedeutet aber, dass du dir bewusst über deine Werte wirst und überlegst, inwiefern du aktuell in Übereinstimmung mit ihnen lebst oder ob du etwas tust, das deinen Werten zuwider läuft.
Selbstfürsorge kann dann bedeuten Grenzen zu setzen und „Nein“ zu sagen, wenn du etwas nicht machen willst. Es kann bedeuten dich nach einem anderen Job umzusehen oder zu einer Paarberatung zu gehen, weil deine Beziehung nicht mehr ist, was du brauchst und dir erhoffst.

10. Nimm deine Gefühle ernst

Deine Gefühle sind wichtig. Sie wollen dir etwas sagen. Deswegen höre ihnen zu.
Was empfindest du? Ist da schon lange eine schwelende Unzufriedenheit, die du mit dir herumträgst? Kannst du die Wut über eine Ungerechtigkeit nicht loslassen, die dir widerfahren ist? Fühlst du dich im Job gelangweilt und unterfordert?
Wenn du auf deine Gefühle achtest, kannst du durch sie sehr viel über dich erfahren und so noch besser für dich sorgen. Das bedeutet nicht, dass du deine Emotionen von nun an in jeder Situation rauslässt. Es heißt vielmehr, wahrzunehmen, was da ist und zu überlegen, was du daraus lernen kannst.
Du siehst, Selbstfürsorge ist so viel mehr als ein Schaumbad am Wochenende. Ein fürsorglicher Umgang mit dir selbst betrifft deine Gedanken, deine Gefühle, deine Beziehungen, deine Bedürfnisse, deine Wünsche, ja, dein gesamtes Leben. Es geht darum, die Beziehung zu dir selbst zu verbessern und dir mit einer freundlichen, mitfühlenden und respektvollen inneren Haltung zu begegnen.
Wenn du bereit bist, den Grundstein für ein glückliches und erfülltes Leben zu legen, fang an, Frieden mit dir selbst zu schließen und dir die Liebe zu geben, die du verdienst.
Und wenn Du das Gefühl hast, alleine nicht weiterzukommen, dann stehe ich Dir gerne zur Seite und helfe Dir. Klick hier zur Terminvereinbarung.